|
Besonderheiten des § 15 III HGB
|
Aufgaben:
1.) Erfasst § 15 III HGB den Fall des reinen Bekanntmachungsfehlers?
2.) Erfasst § 15 III HGB den Fall des reinen Eintragungsfehlers? Diskussion?
3.) Erfasst § 15 III HGB auch Eintragungs- und Bekanntmachungsfehler? Diskussion?
Lösungen:
1.) Reiner Bekanntmachungsfehler
Dass § 15 III HGB reine Bekanntmachungsfehler umfaßt, ist angesichts des Wortlauts der Vorschrift unbestritten.
USD: Ohne Bedeutung für die Anwendbarkeit des § 15 III HGB auf diese Fallgruppe ist, ob der Kundgabefehler dem Registergericht oder dem Publikationsorgan unterläuft.
2.) Reine Eintragungsfehler (zB. weil die Bekanntmachung noch nicht erfolgt ist)
Lösung umstritten:
Mindermeinung (Vertreten von Sandberger JA 1973, 219 und Bürck AcP 171 (1971), S. 338). § 15 III HGB ist entsprechend anwendbar.
Grund:
Das Register bilde die primäre und verlässlichere Informationsquelle.
Herrschende Meinung (Vertreten von Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 167; Olshausen BB 1970, S. 144; Schmidt § 14 III 2 b); Schlegelberger/Hildebrandt/Steckhan § 15 RN 21; Großkomm-Hüffer § 15 RN 51; Capelle-Canaris § 5 2.;Hofmann JA 1980, 269, 271)
Keine Anwendung des § 15 III HGB. Bei isolierten Eintragungsfehlern haftet man nach den allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen (s.o.).
Grund:
Die Rechtsscheinhaftung des § 15 III HGB wird ganz allgemein für überdehnt und wertungsmäßig verfehlt angesehen. Sie ist deshalb nicht analogiefähig. Ferner ist die Bekanntmachung der praktisch bedeutsamere Informationsträger.
Diskussion
Die besseren Gründe sprechen tatsächlich für die herrschende Meinung, denn eine Analogie dürfte sich angesichts des klaren Wortlauts verbieten.
Man kann dem Gesetzgeber nicht unterstellen, dass er die Problematik der nicht bekanntgemachten unrichtigen Eintragung nicht gesehen hat. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, wonach § 15 III HGB in diesem Fall nicht gelten soll (BT-Drucksache, V/3862 S. 11).
3.) Eintragungs- und Bekanntmachungsfehler
Mindermeinung (Vertreten von Beuthien NJW 1970, 2283)
Nach dieser - namentlich von Beuthien - vertretenen Auffassung greift § 15 III HGB bei gleichzeitigem Eintragungs- und Bekanntmachungsfehler nicht ein; vielmehr seien hier die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze anwendbar.
Grund:
Die Erste Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 09.03.1968, die den Anlass zur Schaffung des § 15 III HGB gab, betraf nur Diskrepanzen zwischen Registereintragung und Bekanntmachung. § 15 III HGB sei demnach genauso auszulegen. Bei gleichzeitigem Eintragungs- und Bekanntmachungsfehler bestehe keine Diskrepanz zwischen Registereintragung und Bekanntmachung. § 15 III HGB sei daher nicht anwendbar.
Herrschende Meinung (Vertreten von Baumbach/Duden § 15 Anm. 4 c); Großkomm-Hüffer § 15 RN 51; Capelle-Canaris, § 5 2. a) u. a.)
Nach ganz herrschender Meinung ist § 15 III HGB auch bei Eintragungs- und Bekanntmachungsfehlern anwendbar.
Grund:
Erst-Recht-Argument, wenn die Tatsache nicht nur falsch bekanntgemacht, sondern auch unrichtig eingetragen ist. Durch die unrichtige Eintragung wird der erzeugte Rechtsschein noch verstärkt.
Diskussion
Der Gesetzgeber hat sich nicht auf die Umsetzung der „Richtlinie“ beschränkt, sondern § 15 III HGB bewusst wesentlich umfassender formuliert. Daher ist die Vorschrift ihrem Wortlaut entsprechend auf alle Fälle einer unrichtigen Bekanntmachung anzuwenden - gleichgültig ob nur diese oder auch die Registereintragung von dem Fehler betroffen ist. Die besseren Gründe hat also die herrschende Meinung auf ihrer Seite.
USD: Unrichtigkeit bedeutet also nicht Diskrepanz von Eintragung und Bekanntmachung, sondern Diskrepanz von wahrer und bekanntgemachter Rechtslage.
|
< zurück |
weiter > |
zurück zur Startseite
|
|
|
|
|