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Handelsrechtliches Rechtsscheinprinzip
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Aufgaben:
1.) Was versteht man unter dem handelsrechtlichen Rechtsscheinprinzip?
2.) Schließt § 15 II HGB jede Vertrauenshaftung nach Rechtsscheingrundsätzen aus?
3.) Welche Ausnahmen macht die h. A. bei ihrer Auffassung zu 02.?
Lösungen:
1.) Handelsrechtliches Rechtsscheinprinzip
Im Handelsrecht gilt das Rechtsscheinprinzip, dass derjenige, der zurechenbar den falschen Anschein einer Tatsache erweckt, gutgläubigen Dritten gegenüber, die im Vertrauen auf diesen Schein Rechtshandlungen vornehmen, sich so behandeln lassen muss, als träfe die vorgespiegelte Tatsache zu (BGH NJW 1978, S. 2030).
2.) Verhältnis von § 15 II HGB zur Haftung aus allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen
a) Mindermeinung (Vertreten von Schlegelberger-Hildebrandt-Steckhan, § 15 Rdnr. 17 c)
Nach dieser Ansicht hat der Rechtscheintatbestand immer den Vorrang vor § 15 II HGB.
b) Herrschende Meinung (Vertreten von BGH DB 1976, 2350; BGHZ 71, 354, 357)
Grundsatz
Nach h. M. besteht bei einer richtigen Registereintragung grundsätzlich kein schützenswertes Vertrauen auf ein der Eintragung widersprechenden Rechtsschein.
Grund:
Andernfalls würde die Regelung des § 15 II HGB weitgehend unterlaufen. Den Vertragspartner trifft die Obliegenheit, ins Handelsregister einzusehen.
3.) Ausnahmen
Die h.M. lässt jedoch Ausnahmen zu, wenn die Berufung auf den Registerinhalt aus persönlichen Gründen des Einzelfalles rechtsmissbräuchlich ist. Dabei kommen insbesondere zwei Fallgruppen in Betracht:
· Dem Dritter muss die Registereinsicht überflüssig erscheinen
(z.B. Umwandlung einer OHG in GmbH & Co KG und Berufung auf Haftungsbeschränkung gegenüber ständigem Geschäftspartner, ohne den Geschäftspartner auf die geänderten Verhältnisse hingewiesen zu haben; BGH NJW 1972, 1418; DB 1976, 2350; WM 1981, 238, 239; OLG Frankfurt MDR 1984, S. 942)
· Verstoß gegen erhöhte gesetzliche Publizitätsanforderungen
(z.B. §§ 19 V HGB, 4 II GmbHG, 4 AktG). Bei dieser Fallgruppe kommt es nicht auf das Vorliegen ständiger Geschäftsbeziehungen an (BGH NJW 1978, S. 2030; lies dazu auch BGH NJW 1991, S. 2627 und Hager Jura 1992, S. 57 ff.)
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