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Polizeirechtliche Zustandshaftung
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Aufgaben:
1.) Welche Polizei- /Ordnungsbehörde ist für die Gefahrenabwehr örtlich zuständig?
2.) Welche Rolle spielen die Normen des Strafrechtes im Polizei- und Ordnungsrecht?
3.) Definieren Sie den Begriff „Zustandsstörer“.
4.) Welche Einschränkungen der polizeirechtlichen Zustandshaftung kennen Sie?
5.) Welche Rolle spielt die Regelung, dass der Bürger ein Austauschmittel zur Gefahrenabwehr anbieten kann und die Behörde dies als Erfüllung der gebotenen Handlung annehmen muss?
6.) Nennen Sie Kriterien, die bei der Frage, ob eine Pflicht zum polizeilichen Einschreiten besteht, maßgeblich sind.
7.) Referieren Sie kurz die früher h.M. zum subjektiv-rechtlichen Charakter der polizeilichen Generalklausel und deren Gründe.
8.) Nennen Sie Gründe, die für den subjektiv-rechtlichen Charakter der polizeilichen Generalklausel sprechen.
1.) Örtlich zuständig zur Gefahrenabwehr ist regelmäßig die (sachlich und instanziell kompetente) Behörde, in deren Bezirk die Gefahr eintritt.
2.) Ist der Tatbestand einer Strafrechtsnorm erfüllt (und liegen keine Rechtfertigungsgründe in der Person des Handelnden vor), ist immer auch der Gefahrentatbestand zumindest der Generalklausel gegeben, da Strafrechtsnormen gleichzeitig Verbotsnormen darstellen, die in diesem Falle verletzt sind. Mithin ist dann die öffentliche Sicherheit unter dem Aspekt der Gesamtheit des geschriebenen Rechts betroffen, unter Umständen darüber hinaus unter dem Aspekt der verletzten Individualrechtsgüter.
3.) Zustandsstörer ist derjenige, der eine Sache (oder ein Tier) innehat, von der eine Gefahr oder Störung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Regelmäßig ist dies der unmittelbare Besitzer der gefährlichen oder störenden Sache. Das Polizeirecht stellt insoweit auf die tatsächliche Gewalt, nicht aber etwa auf einen „vergeistigten“ Besitz (mittelbarer Besitz oder Erbenbesitz gem. § 857 BGB) ab. Allerdings haftet neben dem unmittelbaren Besitzer auch der Eigentümer für den Zustand seiner Sachen (Tiere).
4.) Einschränkungen gelten nur, soweit es an einer tatsächlichen Verfügungsgewalt über die gefährliche / störende Sache absolut fehlt. Das ist der Fall, wenn die tatsächliche Gewalt ohne oder gegen den Willen des Berechtigten ausgeübt wird und der Eigentümer dadurch faktisch seiner Verfügungsbefugnis vollkommen beraubt ist. Insoweit haftet ausschließlich der Gewalthaber.
5.) Wenn ein Ordnungspflichtiger der Behörde ein ebenso wirksames Mittel im Austausch für ein angeordnetes anbietet, wird dadurch das Auswahlermessen der Behörde hinsichtlich des Mittels begrenzt, wenn dadurch die Allgemeinheit nicht stärker beeinträchtigt wird.
6.) Das Einschreiten muss im konkreten Fall zulässig sein. Fraglich kann dies vor allem bei der Verletzung privater Rechte sein.
Dem Gewicht der Gefahr oder Störung kommt eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Maßgeblich ist insoweit der Wert des verletzten Rechtsguts (wichtig: verfassungsmäßige Ordnung, staatsbürgerliche Rechte des einzelnen) und das Ausmaß des zu erwartenden oder bereits eingetretenen Schadens. Je größer der Schaden und je wichtiger das davon betroffene geschützte Rechtsgut, desto stärker reduziert sich das behördliche Ermessen. Dabei sind strengere Anforderungen an den Grad der Gefährdung zu stellen als bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des polizeilichen Handelns.
Eine Pflicht zum Einschreiten besteht nur, wenn keine anderen Aufgaben vordringlicher sind.
Schließlich ist zwischen dem Gewicht der Gefahr / Störung und dem Aufwand, der zu ihrer Beseitigung nötig wäre, abzuwägen. Eine bestimmte Gefahr, die mit geringen Mitteln beseitigt werden kann, lässt eine Verpflichtung zum Einschreiten eher entstehen, als eine Gefahr mit vergleichbaren Konsequenzen, deren Abwendung sich wesentlich komplizierter gestaltet.
7.) Die früher h.M. (etwa Bettermann NJW 1961, 1097 ff.) sprach den ordnungsbehördlichen Vorschriften jeden subjektiv-rechtlichen Einschlag ab, da Gefahrenabwehr stets ausschließlich im öffentlichen Interesse zum Schutz der Allgemeinheit und nicht zum Schutze einzelner Bürger erfolge. Werde ein einzelner Bürger durch das polizeiliche / ordnungsbehördliche Handeln begünstigt, handele es sich insoweit lediglich um einen bloßen „Rechtsreflex“.
8.) Dem Schutzbereich der öffentlichen Sicherheit unterliegen alle Rechtsvorschriften, sowohl solche, die den Schutz kollektiver als auch solche, die den Schutz individueller Rechtsgüter bezwecken. Durch die doppelte Schutzrichtung hat der Gesetzgeber bestimmt, dass beide Alternativen gleichermaßen im öffentlichen Interesse liegen. Außerdem entspricht es dem Leitgedanken des Art. 1 I GG, dass der Bürger nicht bloß Objekt staatlichen Handelns, sondern durch die öffentliche Hand zu schützendes Subjekt ist. Inzwischen ist auf der Ebene der Grundrechtsdogmatik der Gedanke der staatlichen Pflicht zum Schutze vor Gefährdungen zum Durchbruch gelangt (vgl. BVerfGE 56, 54 ff). Außerdem ist der Einzelne in vielen Situationen auf die Tätigkeit der Gefahrenabwehrbehörden, die für den Staat das Gewaltmonopol ausüben, angewiesen.
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