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Polizeirechtlicher Schadensbegriff



Aufgaben:

1.) Was versteht man unter „hinreichender Wahrscheinlichkeit“ im Zusammenhang mit dem polizeirechtlichen Schadensbegriff?

2.) Nennen Sie die Faustformel für die Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit.

3.) Wann liegt eine Gefahr vor?

4.) Was ist der Unterschied zwischen Gefahr und Störung?

5.) In welchem Zusammenhang spielt der Begriff der Belästigung eine wesentliche Rolle?

6.) Welche Instanz in der Hierarchie der allgemeinen Polizeibehörden nimmt im Regelfall die polizeilichen Aufgaben wahr?

7.) Zu welchem kommunalen Aufgabenkreis gehören die polizeilichen Angelegenheiten?

8.) Definieren Sie den Begriff „Verrichtungsgehilfe“ nach polizeirechtlichem Verständnis.

9.) Sieht das Polizeirecht eine Exkulpationsmöglichkeit für den Geschäftsherrn vor?

10.) Unter welchen Voraussetzungen ist eine Polizei- oder Ordnungsbehörde zum Einschreiten verpflichtet?

11.) Welche „Richtlinien“ für das Auswahlermessen zwischen mehreren Störern kennen Sie?



Lösungen:

1.) Die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich auf den Schadenseintritt. Sie ist kein starres Maß, das pauschal für alle Fälle fixiert werden kann. Sicher ist nur, dass eine absolute Gewissheit des Schadenseintritts nicht erforderlich ist. Der Grad der Wahrscheinlichkeit, der im Einzelfall gefordert werden muss, hängt ab von der Bedeutung des jeweiligen Schutzgutes, dem Umfang des befürchteten Schadens und der Bedeutung der beim Störer herangezogenen Rechtsgüter.

2.) Es gilt die Faustformel: Je bedeutsamer das gefährdete Rechtsgut ist, umso geringer sind die Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit. Die Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit steigen mit dem Schutz der Grundrechte des Polizeipflichtigen (z.B. Art. 5 I, 8 I GG).

3.) Eine Gefahr liegt vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Verlauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein polizeilich geschütztes Gut schädigen wird. Kurz: Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes oder einer Rechtsverletzung.

4.) Störung ist die (bereits) realisierte Gefahr.

5.) Belästigungen überschreiten die Schwelle der Gefahr - noch - nicht. Wo allerdings exakt die Grenze zwischen Belästigung und Gefahr liegt, ist letztlich ein Werturteil und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Nur in Ausnahmefällen kann die Belästigung unterhalb der Gefahrengrenze bereits einen „Gefahrentatbestand“ ausfüllen; dies bedarf dann jedoch einer spezialgesetzlichen Ausgestaltung.

6.) Im Regelfall sind die polizei- und ordnungsbehördlichen Aufgaben von der untersten Instanz wahrzunehmen. Konkret sind dies zumeist die Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Ortspolizei- oder Ordnungsbehörden. Faustformel: Findet sich keine besondere Aufgabenzuweisung für eine bestimmte allgemeine oder besondere Polizei- / Ordnungsbehörde, sind in den meisten Bundesländern grundsätzlich die Ortspolizei-/-ordnungsbehörden sachlich und instanziell zuständig.

7.) Die Gemeinden oder Städte nehmen eine staatliche Aufgabe des Landes nach Weisung (oder eine Auftragsangelegenheit wahr). Sie handeln gegenüber dem Bürger („nach außen“) im eigenen Namen und sind auch Beteiligte im Verwaltungsprozess („Wahrnehmungskompetenz“). Die Sachkompetenz liegt allerdings beim „Auftraggeber“ Staat. Er kann auch die Zweckmäßigkeit des gemeindlichen Handelns überwachen und bestimmen.

8.) Verrichtungsgehilfe ist derjenige, der bei der Ausführung seiner Tätigkeit dem Weisungsrecht des Geschäftsherrn unterliegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob er als Erfüllungsgehilfe gem. § 278 BGB oder als eigentlicher Verrichtungsgehilfe gem. § 831 BGB tätig ist (VGH Mannheim NJW 1993, 1543).

9.) Nein. Der in § 831 I 2 BGB vorgesehene Entlastungsbeweis findet im Polizei- und Ordnungsrecht keine Anwendung, da es für die polizeirechtliche Inanspruchnahme auf ein Verschulden nicht ankommt.

10.) Eine (objektiv-rechtliche) Pflicht zum Einschreiten der Polizei- oder Ordnungsbehörde / Vollzugspolizei setzt voraus, dass bei pflichtgemäßer Ermessensausübung keine andere Entscheidung als eben die für ein Einschreiten gegen die Gefahr oder Störung denkbar ist.

11.) Das Auswahlermessen zwischen den Störern K und G richtet sich nach reinen Zweckmäßigkeitserwägungen:
· effektive und optimale Erfüllung der polizeilichen Aufgaben;
· alle Umstände des Einzelfalles sind bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen;
· Begrenzung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;
· der Handlungsstörer sollte i.d. Regel vor dem Zustandsstörer in Anspruch genommen werden;
· nur wenn Störer und Polizei- oder Ordnungsbehörden / Vollzugspolizei die Gefahr nicht wirksam abwenden können, darf die Verfügung an unbeteiligte Dritte (Notstandspflichtige) ergehen, die zur Gefahrenabwehr in der Lage sind.



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