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Glaubensfreiheit



Aufgaben:

1.) Sind Streitigkeiten, an denen ein Bürger beteiligt ist, verfassungsrechtlicher Natur, wenn die Ausübung von Grundrechten im Zentrum steht?

2.) Definieren Sie den personalen Schutzbereich der „Glaubensfreiheit“!

3.) Definieren Sie „Glauben“!

4.) In welchem Verhältnis stehen die in Art. 4 I GG und Art. 4 II GG genannten Freiheiten zueinander?

5.) Wie verhält sich die Glaubensfreiheit zur Menschenwürde (Art. 1 I GG)?

6.) Erläutern Sie den sachlichen Umfang der Glaubensfreiheit!

7.) Was versteht man unter Bekenntnisfreiheit?

8.) Nennen Sie Kriterien für die Abgrenzung zwischen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit!



Lösungen:

1.) Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit setzt nicht nur voraus, dass die Kernfrage materielles Verfassungsrecht betrifft (materielles Kriterium), sondern auch, dass auf beiden Seiten des Konflikts unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte als solche streitbefangen sind (formelles Kriterium). Hierzu gehört der einzelne Bürger nicht. Nach absolut herrschender zutreffender Meinung bleiben deshalb alle Streitigkeiten zwischen dem Bürger und dem Staat - selbst dann, wenn ein Verfassungsorgan daran beteiligt ist - nichtverfassungsrechtlicher Natur

2.) Nach der Aussage von BVerfGE 12, 1/4 schützt das Grundgesetz nur diejenige freie Betätigung des Glaubens, „die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat“. Diese Entscheidung ist allerdings vom BVerfG wieder aufgegeben worden. Heute gilt es als gesichert, dass es in diesem Zusammenhang weder auf die zahlenmäßige Stärke noch auf die soziale Relevanz einer religiösen Vereinigung ankommen kann (vgl. BVerfGE 32, 106). Somit ist die Glaubensfreiheit den Mitgliedern der Großkirchen und den Angehörigen anderer kirchlicher und religiöser Gemeinschaften in gleicher Weise gewährleistet. Auf sie können sich auch die Angehörigen sog. Minderheitenreligionen und Jugendsekten berufen

3.) Eine Ansicht im Schrifttum will den Begriff weit auslegen und versteht darunter die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Andere Autoren beschränken die Glaubensfreiheit auf den religiösen Glauben. Als dessen Elemente nennt v. Münch den “Bezug auf überweltliche Gestaltung, auf eine ganzheitliche Betrachtung, eine Verwurzelung im Emotionalen und im Irrationalen i.S. von Unbeweisbarem und die Relevanz der Zeit nach dem Tod” (so v. Münch in: v. Münch/Kunig [Hrsg.], GG, Bd. 1, Art. 4, Rdnrn. 19 u. 20).

4.) Nach h.M. (einschließlich des BVerfG) bilden die in Art. 4 I GG angesprochene Freiheit des Glaubens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sowie das in Art. 4 II GG niedergelegte Recht der ungestörten Religionsausübung ein einheitliches Grundrecht (BVerfGE 24, 236/245 f.).

5.) Die Glaubensfreiheit stellt in besonderem Maße eine Ausprägung der Menschenwürde dar (BVerfGE 32, 98/106).

6.) Von der Glaubensfreiheit umfasst ist nach h.M. einerseits die Freiheit, einen Glauben zu haben oder nicht (“forum internum”), sowie andererseits die Freiheit, seine äußere Lebensgestaltung nach dem Glauben einzurichten (BVerfGE 32, 98/106 f.). Eine Gegenansicht will lediglich das “forum internum” zur Glaubensfreiheit zählen (vgl. Herzog in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4, Rdnr. 66). Sie ermöglicht eine schärfere Abgrenzung gegenüber der Bekenntnisfreiheit.

7.) Bekenntnisfreiheit i.S. des Art. 4 I GG ist die Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen kundzutun. Die sog. negative Bekenntnisfreiheit ist ebenfalls durch Art. 4 I GG geschützt. Darunter versteht man die Freiheit, ein religiöses oder weltanschauliches Bekenntnis nicht zu äußern (vgl. hierzu BVerfGE 44, 49).

8.) Die Bekenntnisfreiheit erstreckt sich auch auf die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft; die Glaubensfreiheit nicht notwendigerweise. Die Bekenntnisfreiheit kann auf die Bekundung des Glaubens gegenüber der Außenwelt begrenzt werden; die Glaubensfreiheit hingegen hat auch Sinn als still gehegte Überzeugung. Die Bekenntnisfreiheit kann schließlich auch als Möglichkeit begriffen werden, bes. nachdrückliche, demonstrative Akte auszuführen.



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