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Grundrechtsfähigkeit



Aufgaben:

1.) Wen schützen die Grundrechte vorrangig?

2.) Können juristische Personen Grundrechtsträger sein?

3.) Wie interpretiert die h.M. im Schrifttum die Formel „ihrem Wesen nach (...) anwendbar“ in Art. 19 III GG?

4.) Welchen Lösungsansatz wählt das BVerfG?

5.) Wie wirken sich die unterschiedlichen Positionen auf die Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts aus?

6.) Nennen Sie Beispiele für prinzipiell grundrechtsfähige juristische Personen des Privatrechts!

7.) Welche Grundrechte sind „ihrem Wesen nach“ nicht auf juristische Personen anwendbar?

8.) Welche juristischen Personen des Privatrechts sind keine Grundrechtsträger?

9.) Was gilt für sog. „gemischt-wirtschaftliche“ Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge?



Lösungen:

1.) Nach der Rspr. des BVerfG sind Grundrechte in erster Linie individuelle Rechte, die den Schutz konkreter, besonders gefährdeter Bereiche menschlicher Freiheit zum Gegenstand haben. Demgemäß dienen sie vorrangig dem Schutz der Freiheitssphäre des einzelnen Menschen als natürlicher Person gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt.

2.) Ob und welche juristische(n) Personen im Einzelfall Grundrechtsinhaber sein können, richtet sich nach Art. 19 III GG. Die wesensmäßige Anwendbarkeit der - eigentlich als Individualrechte konzipierten - einzelnen Grundrechte richtet sich hauptsächlich danach, ob diese nicht nur individuell, sondern auch korporativ ausgeübt werden können.

3.) Nach h.M. im Schrifttum kommt es darauf an, ob sich die betroffenen juristischen Personen im Verhältnis zur freiheitsbeschränkenden Staatsgewalt in einer “grundrechtstypischen Gefährdungslage” befinden, die der Situation natürlicher Personen vergleichbar ist.

4.) Das BVerfG rückt demgegenüber das personale Substrat der Grundrechte in den Mittelpunkt. Danach ist ausschlaggebend, dass “Bildung und Betätigung” der Vereinigungen “Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen sind”. Eine Einbeziehung der juristischen Personen in den Schutzbereich der Grundrechte ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der “Durchgriff” bzw. “Durchblick” auf die hinter den Organisationen stehenden Menschen dies als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt.

5.) Der Ansatz der h.M. im Schrifttum schließt die Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht aus, soweit sie rechtlich verselbständigte Verwaltungseinheiten mit eigenem Kompetenzbereich (Bsp.: Gemeinden) darstellen. Das BVerfG gelangt hingegen zu dem Ergebnis, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts in der Regel keine Grundrechtsträger sein können (Ausnahme: Art. 101 I 2 / Art. 103 I GG).

6.) Rechtsfähige Vereine; Aktiengesellschaften; Genossenschaften; rechtsfähige Stiftungen; Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

7.) Juristische Personen des Privatrechts können nicht Träger solcher Grundrechte sein, die untrennbar mit dem Wesen des Menschen verbunden sind. Dazu gehören vor allem das Prinzip der Menschenwürde gem. Art. 1 I GG, das Recht auf Leben und Gesundheit gem. Art. 2 II GG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG, sowie der daraus fließende Anspruch auf Ehrenschutz.

8.) Soweit die öffentliche Hand alleinige Trägerin oder Inhaberin einer privatrechtlichen Organisation - etwa im Bereich der Daseinsvorsorge - ist oder wenn sich mehrere Verwaltungsträger zu einer juristischen Person des Privatrechts zusammenschließen, schützen die Grundrechte nach zutreffender Ansicht des BVerfG prinzipiell nicht (Ausnahme: Art. 101 I 2 und Art. 103 I GG). Der Staat kann nicht über eine “Flucht ins Privatrecht” eine Grundrechtsberechtigung erzeugen, die sich letztlich gegen ihn selbst richtet und die nicht bestünde, wenn er eine öffentlich-rechtliche Organisationsform zur Aufgabenerfüllung gewählt hätte (keine “grundrechtstypische Gefährdungslage”).

9.) Das BVerfG hat die Grundrechtsfähigkeit sog. “gemischt-wirtschaftlicher” Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge, an denen neben der öffentlichen Hand auch Privatpersonen beteiligt sind, verneint. Gründe: Möglichkeit der staatl. Vertreter, aufgrund ihrer Kapitalmehrheit entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen; mangelnde privat-rechtliche Selbständigkeit.



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