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Grundlegende Begriffe des Zivilprozessrechts
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Aufgaben:
1.) Was versteht man unter Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit und Prozessführungsbefugnis?
2.) Nennen Sie die Sachurteilsvoraussetzungen, die den Streitgegenstand betreffen.
3.) Was versteht man unter Anhängigkeit?
4.) Was versteht man unter Rechtshängigkeit?
5.) Welche Wirkungen hat die Rechtshängigkeit?
Lösungen:
1.) Die Parteien betreffende Sachurteilsvoraussetzungen
a) Parteifähigkeit (§ 50 ZPO) ist die Fähigkeit, Kläger oder Beklagter zu sein. Über die Parteienstellung entscheidet allein die Bezeichnung in der Klageschrift (sog. formeller Parteibegriff). Dies gilt unabhängig von der materiell-rechtlichen Beziehung zum Streitgegenstand. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 I ZPO).
b) Prozessfähigkeit (§§ 51 ff. ZPO) ist die Fähigkeit, im Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter zu handeln. Grundsätzlich ist prozessfähig, wer geschäftsfähig ist (§§ 51, 52 ZPO).
c) Prozessführungsbefugnis (vgl. §§ 51, 56 ZPO) ist das Recht, im eigenen Namen über das behauptete streitige Recht einen Rechtsstreit zu führen.
Grund:
Zur Prozessführung als Kläger (bzw. Beklagter) sind grundsätzlich diejenigen berechtigt, die nach materiellem Recht die Sachlegitimation (Aktiv- oder Passivlegitimation) besitzen. Das sind diejenigen, die Träger des behaupteten Rechts oder der behaupteten Verbindlichkeit sind.
2.) Den Streitgegenstand betreffende Sachurteilsvoraussetzungen
a) Inhaltlich ordnungsgemäße Klageschrift (§ 253 ZPO)
b) Klagbarkeit des behaupteten materiellen Anspruchs (als Voraussetzung umstr., aber h.M.)
c) Keine anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr. 1 ZPO)
d) keine entgegenstehende Rechtskraft (§ 322 ZPO)
e) Rechtsschutzinteresse
3.) Anhängigkeit
Die Rechtshängigkeit ist von der Anhängigkeit zu unterscheiden. Anhängig ist ein gerichtliches Verfahren, wenn ein Gericht mit ihm befasst ist, also sobald ein Antrag, eine Klage oder ein Rechtsmittel bei dem Gericht eingereicht ist und solange das Gericht in dem Verfahren noch tätig werden kann.
4.) Rechtshängigkeit
Mit der Zustellung der Klage an den Beklagten ist die Klage erhoben (§ 253 I ZPO). Der Rechtsstreit ist dann nicht mehr lediglich anhängig, sondern rechtshängig (§ 261 I ZPO). Die Rechtshängigkeit kann auch durch Geltendmachung eines Anspruchs in der mündlichen Verhandlung eintreten (§ 261 II ZPO). Zur Wahrung einer Frist genügt bei demnächst anschließender Zustellung die Einreichung der Klageschrift oder des Antrages (§ 167 ZPO). Die Rechtshängigkeit endet mit der formellen Rechtskraft der abschließenden gerichtlichen Entscheidung, bei Prozessvergleich, Klagerücknahme oder u.U. bei Erledigung der Hauptsache.
5.) Wirkungen der Rechtshängigkeit:
Die Rechtshängigkeit hat prozessuale und materiell-rechtliche Wirkungen:
1. Für die Dauer eines laufenden Verfahrens kann der Klageanspruch in einem anderen Rechtsstreit nicht nochmals verfolgt werden. Andernfalls hätte der Gegner die Einrede der Rechtshängigkeit.
2. Für die Zuständigkeit des örtlich und sachlich zuständigen Gerichts bleibt es ohne Auswirkungen, wenn sich nach Rechtshängigkeit die Zuständigkeitsvoraussetzungen ändern (z.B. falls der Beklagte seinen Wohnsitz verlegt) - § 263 III Nr. 2 ZPO „perpetuatio fori“.
3. Hemmung der Verjährung (§ 209 BGB). Zur Hemmung der Verjährung genügt es aber, wenn die Klage vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereicht wird, selbst wenn die Zustellung erst nach Fristablauf, jedoch „demnächst“, also im normalen Geschäftsgang ohne Verzögerung bewirkt wird (§ 167 ZPO); z.B. läuft die Verjährungsfrist am 31.12. ab und wird die Klage noch am 31.12. eingereicht, so ist damit die Verjährung unterbrochen.
4. Spätestens ab Rechtshängigkeit ist eine Geldschuld vom Beklagten zu verzinsen (§ 291 BGB).
5. U. U. Verschärfung der Haftung (z. B. §§ 292, 989 BGB).
6. Klageänderung nach Eintritt der Rechtshängigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 263 ZPO; d.h. wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht für sachdienlich hält.
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