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Grundlegende Prozessgrundsätze



Aufgaben:

1.) Erläutern Sie den Verhandlungsgrundsatz.

2.) Erläutern Sie die Dispositionsmaxime.

3.) Erläutern Sie den Untersuchungsgrundsatz.

4.) Erläutern Sie den Grundsatz der Unmittelbarkeit.

5.) Erläutern Sie den Grundsatz der Mündlichkeit.

6.) Erläutern Sie den Grundsatz der Öffentlichkeit.

7.) Erläutern Sie den Beschleunigungsgrundsatz.

8.) Erläutern Sie das Recht auf rechtliches Gehör.



Lösungen:

1.) Der Verhandlungsgrundsatz ist das prozessuale Korrelat der materiellrechtlichen Freiheit zur Ausübung eines Rechts und zur Verfügung darüber. Er betrifft die Beibringung des Tatsachenstoffes, der Entscheidungsgrundlage sein soll, und die Feststellung der Wahrheit. Er gilt grundsätzlich im ganzen Bereich der ZPO, auch für Verbandsklagen nach UWG.
Nur die Parteien können den Streitstoff in den Prozess einführen, über seine Feststellungsbedürftigkeit entscheiden und seine Feststellung betreiben. Das Gericht darf Tatsachen, die nicht von einer Partei vorgetragen sind, bei der Entscheidung nicht berücksichtigen. Es darf die Wahrheit einer Tatsachenbehauptung nur feststellen, wenn sie bestritten ist und darf zum Zwecke dieser Feststellung grundsätzlich Beweis nur erheben, wenn die Partei ihn angeboten hat.
Der Verhandlungsgrundsatz erklärt sich daraus, dass kein öffentliches Interesse daran besteht, die Wahrheit von Tatsachen zu ermitteln, die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zugrunde liegen, über die die Parteien die Verfügungsfreiheit besitzen.

2.) Sie betrifft die Verfügungsfreiheit der Parteien über den Streitgegenstand und damit über Gang und Inhalt des Verfahrens. Auch sie gilt grundsätzlich in der ganzen ZPO. Sie ihrem Inhalt nach nichts mit der Stoffsammlung zu tun. Die Parteien eröffnen durch Klage (Antrag, Gesuch) bzw. Rechtsmittel das Verfahren bzw. eine weitere Instanz und beenden sie durch Rücknahme (§§ 269, 515, 565 ZPO) oder Vergleich; sie bestimmen im Urteilsverfahren den Umfang der rechtlichen Nachprüfung durch die Sachanträge (§§ 308, 528, 557 ZPO), durch Anerkenntnis (§ 307 ZPO), Verzicht (§§ 306, 514, 565 ZPO) und Versäumnis (§§ 330 ff. ZPO). Gegensatz ist die im Strafprozess gültige Offizialmaxime, die Gang und Inhalt des Verfahrens der Herrschaft der Beteiligten weitgehend entzieht.

3.) Der Untersuchungs- oder auch Ermittlungsgrundsatz gilt in allen Prozessen bei der Ermittlung unbekannter Erfahrungssätze (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, RN 15 vor § 284) sowie in allen Ehe- und Kindschaftsverfahren des 6. Buches nach Maßgabe der §§ 616, 640 I, 640 d ZPO und im Aufgebotsverfahren.

4.) Er bedeutet, dass Verhandlung und Beweisaufnahme unmittelbar vor dem erkennenden Gericht und ohne Dazwischentreten einer richterlichen Mittelsperson stattfinden. Das Gericht soll seine Entscheidung unter dem eigenen, unmittelbaren Eindruck von Verhandlung und Beweisaufnahme treffen, nicht auf dem Umweg über den Bericht einer Mittelsperson. Vgl. §§ 309, 355 ZPO.

5.) Der Grundsatz der Mündlichkeit bedeutet, dass die Parteien ihre Anträge und ihren Tatsachenvortrag in der mündlichen Verhandlung vortragen müssen und dass grundsätzlich nur der Streitstoff, der in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, Grundlage der Entscheidung sein kann (§ 128 I). Eine Durchbrechung des Mündlichkeitsgrundsatzes findet sich in §§ 307 II, 331 III; 128 II; 128 III; 128 IV; 331 a; 283 ZPO.

6.) Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist in §§ 169 ff. GVG gesetzlich normiert. Er hat zum Inhalt, dass im Rahmen der räumlichen Gegebenheiten die Möglichkeit des Eintritts für beliebige Zuhörer besteht. Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist durchbrochen durch §§ 170 bis 172 GVG.

7.) Das Ideal des Prozesses ist ein einziger Termin, in dem mündliche Verhandlung, Beweisaufnahme und Urteilsverkündung zusammengefasst sind. Nach § 272 I ZPO ist der Rechtsstreit in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung, dem Haupttermin, zu erledigen. Um das zu erreichen, sind die Anforderungen an eine konzentrierte Prozessführung der Parteien wesentlich verschärft und die richterlichen Befugnisse zur Lenkung der Parteien und zur Leitung des Verfahrens erheblich vermehrt worden. Damit folgt der Gesetzgeber der Konzentrationsmaxime, die bereits den Novellen von 1924 und 1933 zugrunde lag.

8.) Der wichtigste Verfahrensgrundsatz und ein unverzichtbarer Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Prozessordnung ist das Recht auf rechtliches – d, h.. gerichtliches - Gehör. Es ist ein „prozessuales Urrecht“ des Menschen, das verwehrt, „kurzen Prozess“ mit ihm zu machen (BVerfGE 55, S. 6). Es war von Anfang an in der ZPO verankert (vgl. heute §§ 136, 139, 278 III, 283, 1042 ZPO). Seine jetzige Bedeutung hat es zum einen durch Art. 6 I MRK und zu anderen dadurch gewonnen, dass Art. 103 I GG es zum prozessualen Grundrecht erhoben hat, dessen Verletzung die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr. 4a GG) begründet.



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