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Außerordentliche Kündigung
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Aufgaben:
1.) Ist die Frist des § 4 S. 1 KSchG eine Prozess- oder eine materielle Frist?
2.) Was ist Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage nach Auffassung der Rechtsprechung und der herrschenden Auffassung in der Literatur?
Lösungen:
1.) Streitig ist, ob die Versäumung der „3-Wochen-Frist“ (§ 4 KSchG) zur Unzulässigkeit oder zur Unbegründetheit führt:
Mindermeinung (Vertreten u. a. von Nikisch Bd. I S. 779 f.)
Nach dieser Auffassung handelt es sich bei der Frist des § 4 S. 1 KSchG um eine Prozessfrist.
Grund:
§ 5 KSchG, der in seiner Regelung an die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angelehnt ist und einen besonderen Beschluss über die Zulassung verspäteter Klagen vorsieht, spricht für einen prozessualen Charakter der Dreiwochenfrist.
Herrschende Meinung (Vertreten u. a. von BAG EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 5)
Die herrschende Meinung hingegen geht davon aus, dass es sich um eine materiellrechtliche Frist handelt.
Diskussion
Die Regelung in § 7 KSchG weist auf eine materiellrechtliche Wirkung hin. Berücksichtigt man, dass der Arbeitnehmer nach § 13 I S. 2 KSchG sogar bei der außerordentlichen Kündigung den Mangel des wichtigen Grundes innerhalb der Dreiwochenfrist gerichtlich geltend machen muss, so kann die materiellrechtliche Wirkung dieser Ausschlussfrist kaum in Frage stehen.
Die herrschende Meinung hat daher die besseren Gründe auf ihrer Seite.
2.) Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage
Auffassung der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre
Rspr. und h.L. vertreten die Lehre vom „punktuellen Streitgegenstand“. Danach ist Streitgegenstand der Klage nicht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, sondern ob das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung zu einem bestimmten Termin aufgelöst worden ist (Stahlhacke Rdnr. 582 m.w.N.). Danach kann der Kläger also den Umfang des Streitgegenstandes selbst bestimmen. Falls der AG mehrere Kündigungen ausgesprochen hat, so kann der AN wählen, welche davon er angreifen will.
Grund:
Für die letztgenannte Auffassung spricht zunächst die historische Entwicklung. Denn nach dem BRG 1920 und dem AOG handelte es sich im Kündigungsschutzprozess um eine Klage auf Beseitigung bzw. auf Widerruf einer ganz bestimmten, zunächst an sich gültigen Kündigung. Ferner spricht für diese Auffassung auch der Wortlaut des KSchG, das in § 4 S. 1 ausdrücklich von der Auflösung des Arbeitsverhältnisses „durch die Kündigung“ spricht. Insbesondere erscheint es auch sachlich gerechtfertigt, dass die Parteien, wenn sie es wollen, nur die Wirksamkeit einer bestimmten Kündigung zum Gegenstand des Rechtsstreites machen können.
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