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Rechtsnachfolge in die Verantwortlichkeit



Aufgaben:

1.) Welche Folgen zeitigt eine wirksame Dereliktion, die erst ausgeübt wird, nachdem die Ordnungsverfügung unanfechtbar geworden ist?

2.) An welche Voraussetzungen ist eine Rechtsnachfolge in konkrete Polizeipflichten geknüpft?

3.) Unter welchen Umständen ist die Verhaltenshaftung nicht nachfolgefähig?

4.) Nennen Sie Argumente für und gegen die Übergangsfähigkeit von Ordnungsverfügungen.

5.) Nennen Sie taugliche Überleitungsvorschriften für eine Einzelrechtsnachfolge von Ordnungsverfügungen.

6.) Welche Konstruktion hat die h.M. für den Übergang einer bauordnungsrechtlichen Abbruchverfügung entwickelt?

7.) Unter welchen Voraussetzungen sind Ordnungsverfügungen aus Handlungshaftungen übergangsfähig?



Lösungen:

1.) Nach Unanfechtbarkeit der Verfügung ist die Zustandsverantwortlichkeit zwar bestandskräftig festgestellt. Jedoch ändert die (prozessuale) Unanfechtbarkeit nichts daran, dass ein ursprünglich rechtmäßiger VA nachträglich (materiell) rechtswidrig werden kann, wenn eine Voraussetzung für seinen Erlass weggefallen ist. Das geht aus § 48 I 1 LVwVfG eindeutig hervor, der eine Rücknahmemöglichkeit auch nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes vorsieht. Allerdings könnte der (ehemalige) Verantwortliche eine gerichtliche Kassation der rechtswidrig gewordenen bestandskräftigen Beseitigungsverfügung nicht mehr erreichen. Die Bestandskraft des Verwaltungsaktes stünde der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage entgegen. Er hätte allenfalls einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Rücknahmeermessens gem. § 48 I LVwVfG ggü. der zuständigen Polizei- /Ordnungsbehörde.

2.) Die Rechtsnachfolge in konkrete polizeirechtliche Pflichten setzt die Übergangsfähigkeit der jeweiligen Verantwortung und das Vorliegen einer Überleitungsnorm voraus.

3.) Die Verhaltenshaftung ist nicht nachfolgefähig, soweit die Verantwortlichkeit höchstpersönlichen Charakter trägt. Dies ist der Fall, soweit es um unvertretbares Verhalten des Rechtsvorgängers geht (Bsp.: Duldung einer Impfung oder einer sonstigen seuchenpolizeilichen Maßnahme, Unterlassung einer Ruhestörung oder Erteilung einer Auskunft).

4.) Der Übergangsfähigkeit einer Ordnungsverfügung steht hauptsächlich entgegen, dass es sich bei ihr um eine einzelfallsbezogene höchstpersönliche Entscheidung des jeweiligen Rechtsanwenders handelt, der bei ihrem Erlass einen Ermessensspielraum genießt. Allerdings greift dieses Argument bei Ordnungsverfügungen, die sich auf eine Zustandsverantwortlichkeit gründen, zu kurz. Insoweit bezieht sich das Ermessen des Amtswalters nämlich in erster Linie auf die gefährliche Situation und nicht auf die Person des Störers. Die gefährliche Situation - aber - besteht beim Erwerber unverändert fort.

5.) Als geeignete Überleitungsvorschriften für eine Einzelrechtsnachfolge kommen insbesondere §§ 414, 415 BGB in Betracht. Allerdings scheitert deren Anwendung zumeist am mangelnden Übernahmevertrag.

6.) Rspr. und h.M. bejahen die Übergangsfähigkeit der Zustandshaftung, ohne eine gesonderte Rechtsgrundlage zu fordern. Die Abbruchverfügung soll dingliche Wirkung äußern und mit der Veräußerung des Grundstücks auf den Rechtsnachfolger, also den neuen Eigentümer, übergehen (BVerwG NJW 1971, 1624; streitig). Konstruktion: Die Ordnungsverfügung bewirkt bei der Zustandshaftung eine dingliche Last. Der Rechtsnachfolger erwirbt die Sache mit dieser Belastung, ohne dass es - ebenso wie im Sachenrecht bei Hypotheken, Pfandrechten - einer Überleitungsnorm bedarf.

7.) Nach h.M. (BVerwG NJW 1971, 1624; VGH Mannheim NJW 1979, 1565; VGH München BayVBl. 1979, 540) sind Ordnungsverfügungen aus Handlungshaftungen (nur) übertragbar, wenn die aufgegebene Handlung vertretbar (z.B. Abriss eines Hauses) und nicht höchstpersönlich ist (z.B. Abgabe von Fingerabdrücken). Allerdings scheitert ein Übergang zumeist letztlich am Fehlen einer tauglichen Überleitungsnorm (vgl. Frage 4.)).



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