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Fraktionen
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Aufgaben:
1.) Was sind Fraktionen?
2.) Können die politischen Parteien einen Anspruch auf Bildung einer Fraktion im Deutschen Bundestag aus Art. 21 I 1 GG ableiten?
3.) Welche Bedeutung haben die Ausschüsse des Deutschen Bundestages für die parlamentarische Arbeit?
4.) Was versteht man unter dem Grundsatz der „Spiegelbildlichkeit“ in bezug auf die Zusammensetzung der ständigen Ausschüsse des Bundestages?
5.) Was ist eine „Gruppe“ von Abgeordneten?
6.) Gibt es Befugnisse oder Kompetenzen, die einer Gruppe von Abgeordneten im Gegensatz zu den Fraktionen nicht zustehen?
7.) Lässt sich die Sperrklausel-Regelung des § 6 VI 1 BWahlG als Schranke der Geschäftsordnungsautonomie des Bundestages mit Blick auf die Festsetzung der Mindeststärke einer Fraktion anwenden?
Lösungen:
1.) Fraktionen sind gem. § 46 I AbgG rechtsfähige Vereinigungen von Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Sie können klagen und verklagt werden. Gem. § 46 III AbgG sind sie nicht Teil der öffentlichen Verwaltung und üben keine öffentliche Gewalt aus. Allerdings sind Fraktionen auch politische Untergliederungen des Bundestages und insoweit Teile dieses obersten Bundesorgans („Doppelnatur“). Im Zeichen der Entwicklung zur Parteiendemokratie sind sie notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens und maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung. Ihnen wird durch die GeschOBT eine Fülle eigener Kompetenzen eingeräumt. Eine Legaldefinition findet sich in § 10 I GeschOBT. Danach sind Fraktionen Vereinigungen von mindestens fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen.
2.) Nach einer Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur lässt sich aus Art. 21 I 1 GG ein Anspruch der Parteien ableiten, dass ihre Abgeordneten bei der Bildung von Fraktionen nicht behindert werden. Sie geht davon aus, dass der Verfassungsgeber eine Einflussnahme der politischen Parteien über ihre Abgeordneten auf das Parlament im Begriff des „Mitwirkens“ in Art. 21 I 1 GG miterfassen wollte. Nach Ansicht des BVerfG ist das Recht auf Fraktionsbildung ein essentielles Element des in Art. 38 I 2 GG wurzelnden Abgeordnetenstatus; es steht daher ausschließlich den einzelnen Parlamentariern zu und kann auch nur von ihnen geltend gemacht werden – und nicht etwa von den politischen Parteien, denen sie angehören.
3.) Der Ausschussarbeit kommt entsprechend der parlamentarischen Tradition in Deutschland eine besondere Bedeutung zu. Ein wesentlicher Teil der Informations-, Kontroll- und Untersuchungsaufgaben des Bundestages wird durch die Ausschüsse wahrgenommen, die auf diese Weise in die Repräsentation des Volkes durch das Parlament einbezogen sind (BVerfGE 84, 304 ff. / 323 f.; BVerfGE 80, 188 ff. / 222).
4.) Da die Ausschüsse in die Repräsentation des Volkes durch das Parlament einbezogen sind und dieser Umstand den gesamten Bereich der parlamentarischen Willensbildung prägt, muss prinzipiell jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln (Grundsatz der „Spiegelbildlichkeit“).
5.) Gem. § 10 IV GeschOBT können Mitglieder des Bundestages, die sich zusammenschließen wollen, ohne Fraktionsmindeststärke zu erreichen, als Gruppe anerkannt werden.
6.) Ja. Zwar umfasst der Gruppenstatus mit der stimmberechtigten Mitgliedschaft in allen Fachausschüssen und dem Recht zu Vorlagen die Schwerpunkte der parlamentarischen Arbeit. Jedoch besteht kein verfassungsmäßiges Recht der Gruppe auf vollberechtigte Mitgliedschaft in einer Enquete-Kommission, einem Untersuchungsausschuss oder im Vermittlungsausschuss. Ebenso wenig hat sie einen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Bestimmung der dem Bundestag angehörenden Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses gem. Art. 53 a GG.
7.) Das BVerfG verneint die Frage. Seiner Meinung nach betrifft der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit aus Art. 38 I 1 GG „weder die Stellung der Abgeordneten im Parlament noch den Status von Gruppen von Abgeordneten derselben Partei oder Liste; sein Anwendungsbereich ist auf Wahlen beschränkt. Demgegenüber hat der parlamentsbezogene Grundsatz, wonach alle Mitglieder des Parlaments einander formal gleichgestellt sind (...), seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 38 I 2 GG. (...) Wenn die Geschäftsordnung des Bundestages seit 1969 mit ausdrücklichem Bezug auf die Sperrklausel des Wahlrechts die Mindeststärke der Fraktion auf 5 v.H. der Mitglieder des Bundestages festgesetzt hat (...), so folgt hieraus keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Bundestages, stets so zu verfahren“ (BVerfGE 84, 324 f.).
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