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Funktion des Bundespräsidenten
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Aufgaben:
1.) Wer trägt für die Handlungen des Bundespräsidenten die politische Verantwortung?
2.) Welchen Sinn und Zweck hat Art. 64 I GG?
3.) Hat der Bundespräsident die Kompetenz, den Bundeskanzler zu bestimmen?
4.) Kann der Bundespräsident den Vorschlag des Bundeskanzlers, eine bestimmte Person zum Minister zu ernennen, ablehnen?
5.) Kann der Bundespräsident die Entlassung eines Ministers verweigern?
Lösungen:
1.) Prinzipiell die Bundesregierung oder einzelne ihrer Mitglieder. Gem. Art. 58 GG bedürfen Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister. Durch den Akt der „Gegenzeichnung“ übernehmen die betreffenden Regierungsmitglieder die politische Verantwortung für die Maßnahmen des Bundespräsidenten. Sie können dafür vom Bundestag zur Rechenschaft gezogen werden. Die rechtliche Verantwortung für sein Verhalten verbleibt allerdings beim Bundespräsidenten.
2.) Sinn und Zweck des Art. 64 I GG ist es, dem Bundeskanzler das „materielle Kabinettsbildungsrecht“ zu verleihen. Darunter versteht man die Kompetenz zur alleinigen Bestimmung der Bundesminister. Diese Rechtsposition verkörpert die Kehrseite der umfassenden politischen Verantwortung des Kanzlers (Art. 65 Satz 1 GG).
3.) Nein. Gem. Art. 63 GG wird der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt. Gem. Art. 65 Satz 1 GG bestimmt er die Richtlinien der Politik und trägt dafür dem Parlament gegenüber die Verantwortung. Nur er kann deshalb durch ein (konstruktives) Misstrauensvotum gem. Art. 67 I 1 GG oder nach einer gescheiterten Vertrauensfrage gem. Art. 68 I 2 GG vom Bundestag wieder abgewählt werden. Der Bundespräsident hat mit Blick auf die Wahl oder Abwahl des Bundeskanzlers keinerlei Einflussmöglichkeiten; ihm gebührt gem. Art. 63 I GG lediglich ein Vorschlagsrecht im ersten Wahlgang, das auf den Bundestag übergeht, falls der vorgeschlagene Bewerber die gem. Art. 63 II 1 GG erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Der Bundespräsident muss den gekürten Kandidaten ernennen, wenn dieser die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt (Art. 63 II 1 GG; Art. 63 IV 2 GG; Art. 67 I 2 GG; Art. 68 I 2 GG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Bewerber den Wünschen oder Vorstellungen des Staatsoberhaupts entspricht oder nicht.
4.) Der Bundespräsident darf und muss einen Vorschlag ablehnen, wenn ihm Rechtsgründe entgegenstehen (z.B. wenn der Vorgeschlagene nicht zum Bundestag wahlberechtigt oder Mitglied einer Landesregierung ist). Darüber hinaus ist der Bundespräsident nicht dazu berechtigt, Vorschläge des Bundeskanzlers aus persönlichen oder sachlichen Gründen, die nicht zu den rechtlichen Voraussetzungen zählen und staatspolitischer, partei- oder allgemeinpolitischer Natur sein können, abzulehnen. Denn ihm steht eine sachliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Politik des Bundeskanzlers und der Bundesregierung im Regelfall nicht zu. Das Grundgesetz räumt dem Bundeskanzler innerhalb der Bundesregierung eine starke Position ein und knüpft sein politisches Schicksal ausschließlich an das Vertrauen des Parlaments, nicht aber an das Vertrauen des Bundespräsidenten (Art. 63, Art. 65 Satz 1, Art. 67 GG). Sinnvollerweise kann der Regierungschef für das Verhalten der Regierungsmitglieder und für die Politik des Kabinetts nur dann verantwortlich gemacht werden, wenn er die personale Zusammensetzung seiner Führungsmannschaft nach seinen Wünschen gestalten und steuern kann. Diese Konzeption des Grundgesetzes, die sich in den Vorschriften der Art. 63, Art. 64 I und Art. 65 Satz 1 GG widerspiegelt, verträgt sich nicht mit einer Kompetenz des Staatsoberhaupts zur Mitsprache in Personalangelegenheiten.
5.) Nein, es sei denn, die Entlassung wäre verfassungswidrig (kaum denkbar). Könnte der Bundespräsident einen Bundesminister gegen den Willen des Bundeskanzlers im Amt halten, könnte er damit Regierungsumbildungen blockieren und massiven Einfluss auf die Politik des Kanzlers nehmen, ohne dafür parlamentarisch verantwortlich zu sein. Ein derartiges Aufdrängen eines Kabinettsmitgliedes ist in keinem Fall mit der aus Art. 64 I GG fließenden Befugnis des Bundeskanzlers in Einklang zu bringen.
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